Sonntag, 6. November 2011

Heute wird geheiratet!


Wow, ich erlebe gerade so viel und weiß gar nicht, wann ich überall alles berichten soll. Ich bin euch ja auch noch einen, zumindest kurzen Urlaubsbericht schuldigt, aber der muss warten. Heute geht es erst mal um die traditionelle indonesische Hochzeit, bei der ich am vergangenen Freitag war.

Am Donnerstagabend bekam ich eine Nachricht von einer Indonesierin (Dwi), die ich erst am vergangenen Sonntag kennengelernt hatte, auf mein Handy. Sie fragte mich, ob ich nicht spontan Lust hätte mit ihr auf eine typisch indonesische Hochzeit am folgenden Tag zu kommen. Weil ich das schon die ganze Zeit so gerne wollte, sagte ich zu. Zum Glück hatte ich ein schickes Kleid aus Deutschland mitgenommen und mir wurde gesagt, dass man keine Geschenke mitbringt, sondern Geld in eine Dose schmeißt, was ich aber nicht müsste. (Natürlich war ich fast die einzige in einem schicken Kleid und nicht in traditioneller Kleidung.)

So fuhr ich zuerst zu ihrer Familie, die mich dann mit ihrem Auto in den Norden der Stadt zum Festsaal mitnahm. Mir wurde gesagt, man werde immer als ganze Familie eingeladen und bringt dann einfach ein paar Leute mit: Vater, Mutter, Kinder, Hausangestellte, Kindermädchen, Fahrer, enge Freunde… Da die drei Geschwister von Dwi aber keine Zeit hatten, hat sich spontan überlegt, mich mitzunehmen, um wahrscheinlich ein bisschen mit mir „anzugeben“, denn schließlich war ich die einzige Weiße auf der Hochzeit. (Das Paar wollte sogar unbedingt ein Foto mit mir.) (Das Video habe ich leider hochkannt gedreht.)


Die Tänzerinnen, die vorweg liefen
Wir kamen dort um kurz nach 12 an und der Saal war schon mit ca. der Hälfte der mindestens 500 Gäste gefüllt. Auf den Tischen stand typisches Essen aus Nordsumatra, dem Volk der Batak. Die Familien der beiden sind Batak und demnach mussten sie auch nach ihrer Tradition heiraten. Batak sind übrigens Christen und keine Moslems wie die Javaner und die meisten anderen Indonesier.  Als wir gerade kamen, waren schon die „Tänzer“ am Werk, um durch ihre Tänze die Leute zu begrüßen. Kurze Zeit später lief das Hochzeitspaar ein. Das Paar (Jimmy & Karolita) musste sich an einen kleinen Tisch auf einer kleinen Bühne setzen, der in
Einlaufen
Richtung aller Gäste war. Links von ihnen saßen die Familienangehörigen des Bräutigams und rechts die der Braut. Es wurde gebetet und gegessen (was ich geschmacklich übrigens fürchterlich fand). Zum Glück gab es im Nebenraum noch „moderneres“ asiatisches Essen für die Muslime auf der Hochzeit.




Nachdem Essen hat sich jeder zum Gratulieren angestellt. Ich musste also schnell noch das auswendig lernen, aber spätestens nachdem ich dem 9. Familienmitglied „Selamat berbahagia!“ gewünscht hatte, konnte ich das dann auch. Allerdings fand ich das Händeschütteln irgendwie schwieriger und bei Männern und Frauen war das zudem auch noch unterschiedlich. Ich denke, sie werden es mir verzeihen. 


engste Familie des Bräutigmas in traditioneller Kleidung

Danach gingen die traditionellen Tänze los. Mhm, ich habe ein Video gedreht; das kann man sonst so schlecht beschreiben. In der Kultur wird sehr viel über Tänze ausgedrückt und die hatten alle eine Bedeutung: Begrüßung, Dankbarkeit, Geschenkübergabe, Übergabe der Braut und die Familie des Bräutigams, Segensübergabe, gute Wünsche,… Für mich sah das irgendwie immer gleich aus. So ging das Stunden! Ich wurde ja gewarnt, dass es langweilig werden würde, aber selbst das Paar war soooooooooooooo gelangweilt. Die mussten die ganze Zeit sitzen und nur ab und zu zum Gratulieren aufstehen und haben sehr viel gegähnt. Sehr sympathisch. Allerdings hatten sie auch keine Wahl: Die Familie entscheidet wie geheiratet wird. Hier zahlt die Hochzeit übrigens die Familie des Bräutigams. Wenigstens gab es zwischendurch Obst und andere indonesische
Tänze vor dem Brautpaar
Süßigkeiten wie frittierte Bananen oder landestypischen Kuchen. Auch ja die engsten Familien haben übrigens noch gekocht Schweinefleisch als Geschenk bekommen und eine sogar den Schweinekopf, der dann die ganze Zeit auf dem Tisch im Saal plaziert war. (Naja, besser als die Moslems, die heute gerade auf der Straße Ziegen und Rinder schlachten, weil heute ihr Opferfest ist.)

Gegen halb sechs sind wir dann gegangen. Da saß das Paar vor der Bühne; in eines der typischen Bataktücher eingewickelt und es tanzten wieder Leute um sie herum.


Folgende Dinge habe ich an dem Tag gelernt/ beschlossen:
-1. Ich werde niemals einen Batak heiraten ;-)
  2. Ich  bin so dankbar in einem Land und in einer Familie aufgewachsen zu sein, in der ich entscheiden darf wie ich heirate.
  3. Dieses Land ist noch traditioneller als bisher gesehen.
  4. Traditionelle Kleidung hier ist nicht schön! (Ich werde sie mir trotzdem anfertigen lassen ;-)

Tanz zur Übergabe des Tuches als Ritual
Tipp für Leute, die sich gerne über deutsche Behörden, Verkäufer, Straßen oder Verkehrsmittel oder vieles andere in Deutschland beschweren: Kommt für 1-2  Monate hierher und ihr seid kuriert! ;-)

Dennoch bin ich super dankbar, dass Dwi mich mitgenommen hat. Ich finde es total spannend, die Kultur kennen zu lernen und zu vergleichen. Wenn es auch manchmal ein bisschen negativ hier anklingt, sind vieles einfach Feststellungen aus der Sicht einer strukturierten direkten Norddeutschen. Ich bin sehr gespannt auf alles, was ich hier noch erleben werde. Hoffentlich schaffe ich es auch noch auf eine typisch javanisch- muslimische Hochzeit!

2 Kommentare:

  1. Liebe Jessi,
    sehr spannend, was du schreibst! Schön, dass wir deine Schritte in diese so extrem andere Kultur begleiten können.
    Ganz liebe Grüße von uli aus lüneburg

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  2. "Feststellungen aus der Sicht einer strukturierten direkten Norddeutschen"
    Mein Herzliches Beileid zieh deinen Stock aus dem Arsch, andere Länder ander Titten !

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